Aktuelles

Kanzlei

Fachgebiete

Kontakt

Rechtliche Informationen


« | Startseite | »

Reform der Erbschaftsteuer tritt in Kraft

Von Schielein | 30. Dezember 2008

Nachdem die zentralen Streitpunkte der Erbschaftsteuerreform ausgeräumt worden waren und Bundestag und -rat dem Gesetz zugestimmt haben, ist der Weg frei, so dass die Reform nach langen politischen Auseinandersetzungen doch noch zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann und ab dann zwingend anwendbar ist. Auch Bundespräsident Köhler hat inzwischen das Gesetz ausgefertigt, so dass die Reform wie vorgesehen zum 01.01.2009 in Kraft treten kann.

1. Wahlrecht zwischen alter und neuer Regelung
Für den Zeitraum zwischen dem 1.1.2007 und 31.12.2008 ist auf Antrag ein Wahlrecht zwischen den alten und neuen Regelungen des Erbschaftsteuer- und des Bewertungsrechts vorgesehen – allerdings nur im Erbfall und nicht im Schenkungsfall. Das Wahlrecht erstreckt sich aber nicht auf die höheren Freibeträge, sondern vorrangig auf die Bewertungsansätze.

2. Vorgenommene Änderungen zum bisherigen Entwurf

Die Abweichungen des beschlossenen ErbStRG vom ehemaligen Regierungsentwurf:

a)      Die zunächst diskutierte Anpassung der Sätze in den Steuerklassen II und III erfolgte nicht; der Tarif startet in beiden Stufen mit 30 % und endet bei 50 %.

b)      Die persönlichen Freibeträgen werden nicht mehr verändert.

c)      Das Erbschaftsteuerreformgesetz sieht den Ansatz des Betriebsvermögens mit dem Verkehrswert vor. Eine Steuerbefreiung ist von bestimmten Wohlverhaltensregeln wie einer Betriebsfortführung abhängig. Unternehmer dürfen dabei wählen, ob sie

– das begünstigte Vermögen zu 85 % nach einer eine Haltefrist von sieben Jahren oder

– nach zehn Jahren zu 100 % steuerfrei stellen wollen.

d)      Erleichterungen gab es bei der Definition von vermögensverwaltendem Betriebsvermögen.

e)      Das selbst bewohnte Haus bleibt auch im Erbfall unabhängig vom Wert steuerfrei, wenn es an den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner geht und der Nachfolger anschließend noch mindestens zehn Jahre darin wohnt. Das Gleiche gilt für Kinder, hier allerdings beschränkt auf eine Fläche von 200 Quadratmetern.

f)        Ein neuer § 35b EStG verringert bei Erbfällen die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer.

g)      Eine zinslose Steuerstundung soll es bei Mietimmobilien sowie Eigennutzung geben.

h)      Bei Abfindung eines Personengesellschafters unter dem Verkehrswert liegt kein steuerpflichtiger Erwerb vor.

i)        Die Regeln zur Bewertung von Grundbesitz, Anteilen an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen werden nicht – wie ursprünglich vorgesehen – in Rechtsverordnungen, sondern unmittelbar im Bewertungsgesetz geregelt.

 

3. Der Steuertarif

In der Steuerklasse I bleiben die Steuersätze – von Euroglättungen in den Progressionsstufen abgesehen – unverändert; dafür steigen die persönlichen Freibeträge.

In den Steuerklassen II und III startet der Tarif sofort bei 30 % und endet bei 50 %. Das führt trotz dem leicht auf 20.000 EUR ansteigenden persönlichen Freibetrag zu einer deutlichen Verschärfung. Der Lebenspartner wird in vielen Bereichen des ErbStG dem Ehegatten gleich gestellt wird. Er bleibt allerdings in der Steuerklasse III.

 

4. Persönliche und sachliche Freibeträge

 

 

derzeit

ab 2009

Erhöhung

Ehegatte

307.000

500.000

193.000

Eingetragener Lebenspartner

5.200

500.000

494.800

Kinder, Stiefkinder und Enkel, wenn Eltern verstorben sind

205.000

400.000

195.000

Enkel

51.200

200.000

148.800

Eltern und Voreltern im Erbfall

51.200

100.000

48.800

Steuerklasse II (Geschwister, Nichten, Eltern bei Schenkung)

10.300

20.000

9.700

Steuerklasse III (Entfernt Verwandte, Lebensgefährte)

5.200

20.000

14.800

Versorgungsfreibetrag Ehegatte

256.000

256.000

0

– eingetragener Lebenspartner

0

256.000

256.000

– Kinder, nach Alter gestaffelt

bis 52.000

bis 52.000

0

Beschränkt Steuerpflichtige

1.100

2.000

900

Hausrat Steuerklasse I

41.000

41.000

0

Bewegliche Gegenstände I

10.300

12.000

1.700

Hausrat und andere Gegenstände in den Klassen II und III

10.300

12.000

1.700

 

5. Steuersätze in Prozent

 

Vermögen bis EUR

Klasse I

Klasse II

Klasse III

alt

neu

alt/neu

alt

neu

alt

neu

52.000

75.000

7

12

30

17

30

256.000

300.000

11

17

30

23

30

512.000

600.000

15

22

30

29

30

5.113.000

6.000.000

19

27

30

35

30

12.783.000

13.000.000

23

32

50

41

50

25.565.000

26.000.000

27

37

50

47

50

darüber hinaus

30

40

50

50

50

 

6. Selbst genutzte Wohnung

Bereits nach derzeitigem Recht bleibt das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Familienwohnheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG unabhängig vom Wert steuerfrei, sofern es an den Ehepartner geht. Das gilt allerdings nur zu Lebzeiten, im Todesfall fällt das Eigenheim unter den steuerpflichtigen Nachlass. Als begünstigtes Familienwohnheim gelten dabei inländische Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen, die den Mittelpunkt des familiären Lebens darstellen. Dies wird ab 2009 bei Zuwendungen unter Lebenden um den eingetragenen Lebenspartner sowie um Grundvermögen im EU- und EWR-Raum erweitert. Haltefristen an den neuen Besitzer sind nicht vorgegeben.

 

7. Ehe- und eingetragene Lebenspartner

 

Über den neuen § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG kommt es nun zu einer Steuerfreistellung im Erbfall. Mit der Erbschaftsteuerreform kann Ehegatten sowie dem eingetragenen Lebenspartner das selbst genutzte Wohneigentum steuerfrei zugewendet werden. Zudem muss der Erblasser darin bis zum Tod gewohnt haben. Auf den Wert und die Größe der Immobilie kommt es dabei nicht an, sodass der Fiskus selbst Villen in Top-Lagen unangetastet lässt.

 

Die Regelung zur Steuerfreistellung von Wohneigentum entspricht der für die lebzeitige Zuwendung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Allerdings muss der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner das Familienheim auch tatsächlich selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Gibt er diese Nutzung innerhalb von zehn Jahren auf (Verkauf, Vermietung oder Verwendung als Zweitwohnsitz), entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend. Dies tritt jedoch dann nicht ein, wenn zwingende Gründe vorliegen. Falls Witwe oder Witwer in der Zehnjahresfrist versterben (die Erben müssen die Steuer also nicht nachzahlen) oder in ein Pflegeheim wechseln, gilt das als unschädlich.

 

Hinweis: Bei der Testamentsgestaltung ist darauf zu achten, dass der überlebende Ehegatte die Immobilie allein und nicht in Erbengemeinschaft mit den Kindern erhält, sofern die nicht im Haus wohnen.

 

8. Kinder

Über den neuen § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG kommt es erstmals zu einer Steuerfreistellung im Erbfall für Kinder und Enkel, wenn deren Eltern bereits verstorben sind. Diesen kann ebenfalls unter den gleichen Voraussetzungen wie bei Ehegatten das selbst genutzte Wohneigentum steuerfrei zuwendet werden. Allerdings wird die Wohnfläche auf 200 qm begrenzt. Darüber liegende Flächen müssen sie versteuern, bei 230 qm wären das dann 30 qm.

 

Sofern weitere Kinder statt dem Eigenheim Kapitalvermögen erben oder nicht selbst im erhaltenen Haus wohnen, müssen sie ihren Erwerb oberhalb ihres persönlichen Freibetrags versteuern. Diese Differenzierung könnte Anlass für neue Verfassungsbeschwerden sein. Denn das BVerfG hatte dem Gesetzgeber auferlegt, Grund- und Kapitalvermögen gleich zu behandeln. Allerdings bezog sich diese Vorgabe darauf, alle Vermögensarten auf Marktniveau zu bewerten und erst in einem zweiten Schritt gezielt Privilegien zu gewähren. Insoweit könnte die Vergünstigung für selbst genutzte Immobilien gerechtfertigt sein.

 

Tipp: Bei der Testamentsgestaltung ist darauf zu achten, dass bei mehreren Kindern die Steuerbefreiung nur dem Kind zugute kommt, der das Haus auch selbst nutzt.

Kategorie: Steuerrecht, Uncategorized |