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Entfernungspauschale gilt wieder ab dem ersten Kilometer
Von Schielein | 30. Dezember 2008
Mit seinem Urteil hat das BVerfG die Kürzung der Pendlerpauschale um die ersten 20 Kilometer für verfassungswidrig erklärt. Die Kürzung der Pendlerpauschale um die ersten 20 Kilometer ist verfassungswidrig, so der Tenor des Bundesverfassungsgerichts (Urteil v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08). Damit können Millionen Berufspendler ab 2007 wieder höhere Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzenBegründung des BVerfG
Die Höhe der Steuer hängt vom Nettoeinkommen der Beschäftigten ab. Sie dürfen deshalb grundsätzlich beruflich bedingte Aufwendungen wie Fahrtkosten zur Arbeit steuerlich geltend machen. Durch eine Streichung der Entfernungspauschale werden Pendler gegenüber jenen benachteiligt, die weiterhin andere berufsbedingte Aufwendungen wie etwa eine doppelte Haushaltsführung oder eine berufliche Fortbildung steuerlich geltend machen können.
Zwar hat der Gesetzgeber im Steuerrecht einen großen Gestaltungsspielraum. Der Neuregelung fehlt jedoch eine hinreichende sachliche Begründung. Das Ziel, mit Hilfe der jährlichen Einsparungen von 2,5 Mrd. EUR den Haushalt zu konsolidieren, reicht allein nicht aus. Nicht als besonderer sachlicher Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen anerkannt ist der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmeerhöhung. Der Finanzbedarf des Staates oder eine knappe Haushaltslage reichen für sich allein nicht aus, um ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen zu rechtfertigen. Auch wenn der Staat auf Einsparungsmaßnahmen angewiesen ist, muss er auf eine gleichheitsgerechte Verteilung der Lasten achten.
Der Gesetzgeber muss die Pendlerpauschale rückwirkend auf den 1. Januar 2007 neu regeln, bis dahin gilt die alte Pendlerpauschale fort, die es für die Jahre vor 2007 gegeben hat. Allerdings weist das BVerfG ausdrücklich darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, die Entfernungspauschale unverändert in ihrer alten Form wieder einzuführen.
Konsequenzen des Urteils
Das Bundesfinanzministerium hat in einer ersten Stellungnahme (vgl. hierzu http://www.bundesfinanzministerium.de) geäußert, dass ab dem 1.1.2009 aufgrund des Urteils automatisch wieder das bis zum 31.12.2006 geltende Recht gilt. Die Bundesregierung wird angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation keine Maßnahmen ergreifen, um die mit der Umsetzung des heutigen Urteils einhergehenden Steuerausfälle von insgesamt rd. 7,5 Mrd. EUR für die Jahre 2007 – 2009 an anderer Stelle einzusparen.
Die Finanzämter sollten angewiesen werden, die von Amts wegen zu veranlassenden Rückzahlungen für das Jahr 2007 möglichst schon in den ersten 3 Monaten des Jahres 2009 zu leisten. Damit sollen bis zu 3 Mrd. EUR schon in den Monaten Januar bis März zusätzlich bei den rund 20 Millionen Pendlern ankommen. Die Berichtigung der Einkommensteuerbescheide für 2007 kann problemlos erfolgen, da die Bescheide insoweit nach § 165 AO nur vorläufig festgesetzt worden sind.
Wer in seiner Steuererklärung 2007 keine Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und der Zahl der Arbeitstage gemacht hat, kann dies nach Angaben des BMF nunmehr seinem Finanzamt mitteilen, das dann auch von Amts wegen die Änderung der Steuerfestsetzung für 2007 veranlasst.
Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer bedeutet dies – unter der Annahme, dass der Arbeitnehmerpauschbetrag schon durch andere Werbungskosten vollständig ausgeschöpft ist – bei einer Entfernung zum Arbeitsort von der Wohnung von 20 km und 220 Arbeitstagen, dass sich die steuerliche Bemessungsgrundlage um 1.320 EUR und die Steuerschuld – je nach individuellem Grenzsteuersatz um rund 350 EUR je Jahr verringert.
Da für die Entfernungspauschale 2007 bis 2008 nun wieder das bis zum 31.12.2006 geltende Recht gilt, sind die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen hinfällig geworden. Das betrifft Arbeitnehmer, Selbstständige und Arbeitgeber gleichermaßen. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werden steuertechnisch nicht mehr der Privatsphäre zugerechnet und alle Berufspendler können ihre Fahrtkosten ab dem 1. Entfernungskilometer als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen.
Auch bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder dem Fahrrad darf nun wieder die ungekürzte Entfernungspauschale angesetzt werden.
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